Schriftsteller | Autor

FIRST STEPS

Relativ früh bereits fing ich an, ein
völlig unbekanntes aber angenehmes
Kribbeln zu empfinden, wenn ich
einem Mädchen nahe war, das mir
gefiel.
Ich erinnere mich an Monika. Als
ich 11 war, besuchte sie die
Parallelklasse mit der wir zusammen
Sportunterricht hatten. Sie war
höchstens 12, aber trug bereits
Seidenstrümpfe und benutzte
Lippenstift. Das übte eine völlig
neuartige Faszination auf mich aus.
Seltsamerweise schien es keinem
außer mir aufzufallen, welch ein
apartes Geschöpf in unserer Umkleide
ein- und ausging. Ich hatte freie Bahn
und kam alsbald mit ihr ins Gespräch
und da war es, dieses Kribbeln im
Kopf und unter der Haut.
Außergewöhnlich! Ich konnte gar
nicht genug davon bekommen. Wir
hatten ein paar Rendezvous, ich durfte
sie sogar küssen, doch sie spielte
natürlich nur mit mir. Neben ihr war
ich ein kleiner Junge, darüber hinaus
bestenfalls ihr Sklave und ihr
Kuscheltier. Aber ich war es gerne,
besonders genoss ich ihre Berührung
und ihren Geruch. Niemals hatte
irgendetwas besser gerochen als dieses
Mädchen. Leider hatte sie bald die
Nase voll von mir und meiner
Anhänglichkeit.

Dann passierte erst einmal nichts
besonderes. Das Kribbeln setzte
manchmal bei den unmöglichsten
Gelegenheiten ein (z.B. bei einer
Lehrerin, oder bei der Mutter meines
Freundes) und es kribbelte jetzt auch
in der Hose.
Die hohe Kunst der Masturbation
offenbarte sich mir - und ein paar
kurze Episoden mit Freundinnen bei
denen ich die Erotik von Zungen-
-küssen und harmlosem Petting
praktizieren durfte ereigneten sich.

Ich war schon fünfzehn als ich meine
Jungfernschaft aufgab. Meine
Partnerin hieß Dorina und war
ebenfalls fünfzehn. Sie und ihre
Familie waren wegen politischer
Verfolgung aus ihrer Heimat
Rumänien geflohen und ihr Vater
jetzt in München als politischer
Journalist beim
Radio Freies Europa
tätig. Ja, damals gab es noch den
bösen Ostblock und den „eisernen
Vorhang“. Erschreckende Narrative.

Sie war bildschön, schlank mit langen
glatten schwarzen Haaren, hohen
Wangenknochen und Augen in der
Farbe von Kaffeebohnen. Ich hatte sie
ein paar Monate zuvor bei einem
Auftritt unserer Band in einem
Jugendzentrum kennengelernt. Dabei
verliebten wir uns ozeantief und
vorbehaltlos in einander.
Heftiges Hormongewitter!

Wir verbrachten eine wirklich schöne
Zeit zusammen, entdeckten viele
gemeinsame Interessen und jede
Menge Gesprächsstoff. Wir trafen
uns so oft wie möglich, küssten uns
stundenlang
(bis die Lippen glühten).
Zählten
oft schon die Stunden bis zum
nächsten Mal. Pech und Schwefel.
Donner und Dorina

Wir teilten uns eine Maß Bier im
sommerlichen Biergarten am
Chinesischen Turm und
diskutierten lange darüber, wie wir
die Welt verändern wollten.
Aber kaum waren wir wieder allein,
fielen wir übereinander her,
schmusten und erregten uns
aneinander.

Als wir beschlossen, dass wir es
beide zum allerersten Mal
miteinander tun wollten, war das für
meine jugendliche Seele wie ein
Schritt aus dem Schatten des
vertrauten, sicheren Hausflurs ins
helle Sonnenlicht. Ins Helle, ins
Ungewisse. - Das nächste Level.

Ich sorgte für „Sturmfreie Bude“
und Kondome.Wir ließen es wie sonst
beginnen. Küssten und Streichelten
uns lange, zogen uns gegenseitig aus.
Dann stülpte ich das Kondom über
(
das hatte ich vorher schon geübt) und
auch ohne Tutorial gelang alles auf
Anhieb. Sie war fast schon im
Übermaß feucht und auch die Angst
vor Blut und Schmerz beim Reißen
des Hymens
(ebenfalls ein Narrativ)
erwies sich als unbegründet. Aber
unsere Erwartungen von diesem
Ereignis waren so hoch gewesen.
Zumindest meine.
Der Höhepunkt kam viel zu schnell ...
und danach stellte sich bei mir ein
äußerst negatives Gefühl ein.

Ähnlich wie nach einem guten Essen,
das
durch seinen Duft und die leckere
Optik im Vorfeld schon unglaublich
anregt. Das man anschließend mit
großem Appetit
, und weil es solch ein
exquisites Geschmackserlebnis auslöst,
mit großem Genuss in sich hinein -
schaufelt, bis man den normalen Grad
der Sättigung ignoriert und längst
überschritten hat.

Anblick und Geruch der jetzt noch
herumstehenden Speisen werden nun
plötzlich abstoßend und unangenehm.

So erging es mir auch nach meinem
ersten Sex. - Ernüchterungsschock!
Der eben noch so erregende Anblick
ihrer Nacktheit ließ mich jetzt kalt.
Gerüche und Körperflüssigkeiten,
allem voran das nasse Kondom
erschienen mir plötzlich unglaublich
widerlich.

Ohh !! Soll das jetzt schon alles
gewesen sein? Ist das die Liebe???

Ich weiß bis heute nicht, ob Dorina
ähnlich empfand, denn wir versicherten
uns natürlich gegenseitig wie schön es
gewesen war
. (Unverzeihlich zum Ersten)
Ich rief sie mehrmals an.
Sie wimmelte mich mehrmals ab.
(Unverzeihlich zum Zweiten)

Sie schrieb mir einen Brief.
Sie hatte sich ihrer Mutter anvertraut.
Diese hatte sich zwar vom
rumänischen Regime losgesagt,
nicht aber von der katholisch-
orthodoxen Kirche. Sie war gegen
Sex vor der Ehe. Besonders bei ihrer
einzigen Tochter und verbot ihr den
Umgang mit mir.
Das Allerschlimmste aber war, dass
Dorina mir bis dahin verschwiegen
hatte, dass die Familie bereits in drei
Wochen nach Köln umziehen wird.
Eine Notwendigkeit, dem Job ihres
Vaters geschuldet.
(Unverzeihlich zum Dritten)

Letzter Akt des Dramas:
Ich musste sie wiedersehen. Zu allem
entschlossen und mit der Musik aus
der „Reifeprüfung“ im Ohr schwang
ich mich aufs Fahrrad um sie nach der
Schule abzupassen. Doch schon von
Weitem konnte ich die Gestalt ihrer
Mutter im Pausenhof erkennen.
Mrs. Robinson meinte es ernst mit
der Verteidigung töchterlicher Tugend.
Und ich ? Ich war ein Feigling und
hatte nicht den Mut Dustin Hoffmans.
Mein Herz brach und ich kehrte, mit
dem bitteren Geschmack einer
Niederlage im Mund unverrichteter
Dinge nach Hause zurück.
- Ich hab sie nie wieder gesehen. -

Unverzeihliches zu verzeihen
war noch nie meine Stärke.
Mir selbst am Allerwenigsten.

Emil